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Asthma bronchiale


Das Asthma bronchiale (von griechisch ἆσθμα, „Atemnot“, oft auch vereinfachend nur Asthma genannt), ist eine chronische, entzündliche Erkrankung der Atemwege. Bei entsprechend veranlagten Personen führt die Entzündung zu anfallsweiser Luftnot infolge Verengung der Atemwege (Bronchialobstruktion, Definition des international consensus report). Diese Atemwegsverengung wird durch vermehrte Sekretion von Schleim, Spasmus der Bronchialmuskulatur und Bildung von Ödemen der Bronchialschleimhaut verursacht, sie ist durch Behandlung rückbildungsfähig (reversibel). Eine Vielzahl von Reizen verursacht die Zunahme der Empfindlichkeit der Atemwege (bronchiale Hyperreaktivität) und die damit verbundene Entzündung. Fünf Prozent der Erwachsenen und sieben bis zehn Prozent der Kinder leiden an Asthma bronchiale.

Wortherkunft :

Asthma ist eine seit dem 16. Jahrhundert im Deutschen nachweisbare Entlehnung aus griechisch ἆσθμα, ásthma, welches wiederum selbst morphologisch unklar von einem indogermanischen Wortstamm *ane- mit der Bedeutung „atmen“ abgeleitet zu sein scheint.


Epidemiologie :

Asthma bronchiale beginnt in der Regel schon im Kindesalter und ist die häufigste chronische Erkrankung dieses Lebensabschnitts. Zum Vorkommen (Prävalenz) des Asthma bronchiale in Deutschland gibt es unterschiedliche Aussagen. Etwa fünf Prozent der Erwachsenen und bis zu zehn Prozent der Kinder sind betroffen. Die Zahl der asthmabedingten Todesfälle in Deutschland beträgt etwa 5000 pro Jahr. Frauen erkranken häufiger an Asthma als Männer.


Ursachen :

Ursachen (Ätiologie) der verschiedenen Formen.Man unterscheidet das allergische Asthma (extrinsic asthma) vom nicht-allergischen Asthma (intrinsic asthma). In Reinform kommen diese jedoch nur bei etwa zehn Prozent der Patienten vor, bei der Mehrheit werden Mischformen beobachtet. Während bei Kindern das allergische Asthma häufiger ist, tritt im Alter gehäuft die nicht-allergische Form auf. Laut Prof. Dr. Carl Peter Bauer (Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin e. V.) ist Zigarettenrauch in der elterlichen Wohnung die häufigste Ursache für Kinderasthma.

Das allergische Asthma wird durch eine entsprechende genetische Veranlagung zur Atopie und äußere Reize (allergisierende Stoffe in der Umwelt, sogenanntes Allergen) ausgelöst. Dabei werden Immunglobuline vom Typ E (IgE) gebildet, die in Wechselwirkung mit spezifischen Allergenen die Ausschüttung von allergieauslösenden Botenstoffen wie Histamin, Leukotriene und Bradykinine aus Mastzellen bewirken. Diese Stoffe lösen dann die Atemwegsverengung aus. Neben dieser Sofortreaktion vom Typ I nach Einatmen des Allergens kann es nach 6 bis 12 Stunden zu einer Spätreaktion kommen; diese wird über Immunglobuline vom Typ G (IgG) ausgelöst. Oft treten beide Reaktionen auf (dual reaction).

Für eine polygen vererbte Anlage spricht die Beobachtung, dass Kinder von Eltern, die beide an allergischem Asthma leiden, ein Erkrankungsrisiko von 60−80 % haben. Auf der Insel Tristan da Cunha leidet die Hälfte der Einwohner an Asthma infolge familiärer Vererbung. Heuschnupfen (saisonale allergische Rhinitis), der wie das Asthma eine allergisch bedingte entzündliche Erkrankung der Schleimhaut des Nasen-Rachen-Raums ist, kann auf die unteren Atemwege übergreifen und dort zu Asthma führen („Etagenwechsel“). Fast ein Viertel dieser Patienten entwickelt dadurch nach mehr als 10 Jahren ein Pollenasthma. Zudem steht am Anfang meist ein bestimmtes Allergen im Mittelpunkt; über die Jahre kommt es jedoch oft zur Ausweitung des Auslöserspektrums, so dass die Allergenvermeidung für den Patienten immer schwieriger oder sogar unmöglich wird.

Das nicht-allergische Asthma wird hingegen durch andere Reize verursacht: Infektionen, meist der Atemwege, Medikamentenunverträglichkeiten (Analgetika-Asthma, eine pseudoallergische Reaktion auf Schmerzmittel, meist nichtsteroidale Antiphlogistika wie Acetylsalicylsäure), Einwirkung von giftigen (toxischen) oder irritierenden Stoffen (Lösungsmittel, Weichmacher, Zusatzstoffe und anderem), besondere Anstrengungen sowie die Refluxerkrankung (Rückfluss von Magensäure) sind typische Auslöser dieser Form.


Pathogenese :

Für die Krankheitsentstehung (Pathogenese) sind drei pathophysiologische Abläufe für das Asthma bronchiale charakteristisch:


Entzündung der Bronchien :

Allergene oder andere Reize lösen eine Entzündungsreaktion der Bronchialschleimhaut aus. Diese hat zentrale Bedeutung beim Asthma. Neben Mastzellen und deren ausgeschütteten Botenstoffen (Entzündungsmediatoren, siehe oben) spielen eosinophile Granulozyten und T-Lymphozyten dabei eine wichtige Rolle.


Bronchiale Hyperreaktivität :

Bei den meisten Asthmatikern lässt sich eine unspezifische bronchiale Hyperreaktivität (Atemwegsüberempfindlichkeit gegen Reize) nachweisen. Die Hyperreaktivität lässt sich oft objektivieren durch Inhalation von Reizsubstanzen, z. B. Metacholintest, Histamintest, oder Belastungen wie Renntest (über die Auskühlung der Bronchien beim Rennen, vor allem bei Kindern) oder Kaltluftprovokation.


Mangelnde bronchiale Reinigung (Clearance):

Durch die Obstruktion verursacht durch Verlegung des Lumens der Atemwege infolge von Schleimhautödemen (Flüssigkeitseinlagerung in die Schleimhaut), vermehrte bzw. gestörte Schleimsekretion (Hyperkrinie bzw. Dyskrinie) und Bronchospasmen (Verkrampfung der glatten Muskulatur der Bronchien) kommt die Selbstreinigung der Lunge zum Erliegen. Das Sekret kann nicht abfließen und verstärkt seinerseits die Schädigung bis hin zum Komplettverschluß, den sogenannten Bronchialausgüssen.


Diagnose :

Die Diagnose ist bei den typischen Hauptsymptomen leicht zu stellen: es kommt zu anfallsartig auftretender Luftnot (Dyspnoe) bei erschwerter Ein- und Ausatmung mit pfeifenden Atemgeräuschen (Giemen), teilweise tritt Husten auf, auch in Form von Hustenanfällen. Bei Kindern ist Husten in der Regel das führende Symptom, daher wird hier die Diagnose „Asthma“ oft erst spät gestellt. Das erschwerte Atmen und die Luftnot können zu Angstgefühlen führen. Charakteristisch für Asthma ist, dass im beschwerdefreien Intervall keine Funktionseinschränkungen oder Symptome bestehen. Typische Röntgenbefunde oder Veränderungen des EKG liegen nicht vor. Bei allergisch bedingtem Asthma kann sich bei der Blutuntersuchung eine Erhöhung des IgE Immunglobuline oder eine Eosinophilie finden. Die Diagnose wird durch eine Lungenfunktionsprüfung (Spirometrie) gesichert, bei der man a) das Gesamtvolumen der ein- und ausgeatmeten Luft (Vitalkapazität = VK) bestimmt und b) das in einer Sekunde bei forcierter Ausatmung ausgeatmete Volumen (1-Sekunden-Kapazität = FEV1). Aus dem Verhältnis von 1-Sekundenkapazität zur Vitalkapazität wird die relative Sekundenkapazität (FEV1 in % der VK) errechnet, die als Maß für die Einengung der Atemwege herangezogen wird. In spezialisierten Zentren können der Atemwegswiderstand und das Ausmaß der Lungenüberblähung mit der Ganzkörperplethysmographie (Bodyplethysmographie) bestimmt werden.


Peak-Flow MeterZur Therapieüberwachung dient auch der PEF-Wert (peak expiratory flow). Dies ist der Maximalwert des Luftflussvolumens (Durchfluss) beim Ausatmen. Er dient als Indikator für den freien Querschnitt in der Luftröhre beim Ausatmen. Dieser Wert sinkt meist schon vor einem Asthmaanfall. Er wird mit einem „Peak-Flow“-Messgerät gemessen, welches in verschiedenen altersabhängigen Bauformen erhältlich ist.

Wichtig bei der Diagnose des Asthma bronchiale ist es, zu erkennen, ob eine allergische Empfindlichkeit gegen ein oder verschiedene Allergene der Umgebung als Auslöser für das Asthma verantwortlich ist. Hierzu bedient man sich verschiedener Allergietests.

Asthma wird in folgende Schweregrade eingeteilt:

Asthma-Schweregrade Bezeichnung Symptome FEV1 bzw. PEF
(in % vom Sollwert):

4, persistierend, schwer Tag: ständig, Nacht: häufig ≤ 60 %
3, persistierend, mittelgradig Tag: täglich, Nacht: 1 × pro Woche 60−80 %
2, persistierend, leicht Tag: < 1 × tägl.; Nacht: > 2 × pro Monat ≥ 80 %
1, intermittierend Tag: ≤ 2 × pro Woche; Nacht: ≤ 2 × pro Monat ≥ 80 %


Differentialdiagnose :

Herzinsuffizienz („Asthma cardiale“)
Rezidivierende Lungenembolien
Verlegung der Luftwege (z. B. Entzündung der Luftröhre, Pseudokrupp)
Spannungspneumothorax
Hyperventilationssyndrom
Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis mit Lungenbeteiligung (z. B. Churg-Strauss-Syndrom, Morbus Wegener)

Therapie:

Globalbehandlung außerhalb einer Krise.
Ein Inhalator mit einem Beta-2-SympathomimetikumBei einer nachgewiesenen Allergie muss zunächst der auslösende Stoff gemieden werden (Beispiele: Berufswechsel beim Bäckerasthma, Abschaffung von Haustieren, die ein Fell haben). Beim Asthma, das durch Milben oder Pollen ausgelöst wird, kommt manchmal eine Hyposensibilisierung, auch „spezifische Immuntherapie“ (SIT) genannt, in Frage.

Die Deutsche Atemwegsliga empfiehlt folgendes Behandlungskonzept:

Bei allen Schweregraden können bei Bedarf kurzwirksame Beta-2-Sympathomimetika inhaliert werden („Reliever“).

Intermittierendes Asthma:
Eine Dauermedikation ist nicht erforderlich.
Leichtgradiges Asthma:
Die Inhalation von schwach wirksamen entzündungshemmenden Mitteln(Cromoglicinsäure, Nedocromil) oder Montelukast-Tabletten wird empfohlen.

Mittelgradiges Asthma:

Örtlich wirkende Kortikosteroide wie Budesonid, Beclometason, Fluticason, Mometason oder Ciclesonide bekämpfen die Entzündung der Bronchialschleimhaut. Zusätzlich können entweder orale Leukotrienantagonisten (Montelukast), langwirksame Beta-2-Sympathomimetika (Salmeterol oder Formoterol) oder verzögert wirksame (retardierte) Theophyllin-Präparate gegeben werden.

Schweres Asthma:

Zur Kontrolle der asthmatischen Entzündung wird entweder hoch dosiertes inhalatives oder systemisches Kortison (Prednisolon) verabreicht.
Beim allergischen Asthma wird häufig zuerst auf Cromoglicinsäure, Nedocromil oder Montelukast zurückgegriffen. Wenn mit diesen schwach entzündungshemmenden Mitteln nach etwa vier Wochen Therapie keine Änderung der Symptomatik eingetreten ist, muss auf ein inhalatives Corticosteroid umgestellt werden. Diese Medikamente werden hauptsächlich zur Vorbeugung von Asthmaanfällen eingesetzt („Controller“), sie müssen also, um eine ausreichende entzündungshemmende Wirkung zu erzielen, langfristig, wenn nicht dauerhaft eingesetzt werden.

Eine Asthmatherapie sollte ursachenorientiert vorgehen. Da gelegentlich eine psychosomatische Komponente vorliegt, können Psychotherapien teilweise auch eine Besserung der Beschwerden bewirken. Wichtig ist auch, dass rauchende Asthmapatienten sich das Rauchen abgewöhnen. Mediziner um Neil Thomson von der Universität Glasgow haben herausgefunden, dass die Lungenfunktion bereits sechs Wochen nach der letzten Zigarette sich um 15 Prozent verbessert hat. Demnach können rauchende Asthmatiker Entzündungen ihrer Atemwege durch einen Rauchstopp sehr viel besser lindern als durch die Einnahme entzündungshemmender Medikamente.

In der „Ganzheitsmedizin“ wird zudem auch eine Ernährungsumstellung zu Vollwertkost unter Vermeidung von Nahrungsmittelallergenen empfohlen. Andererseits bekommen viele Menschen dadurch Verdauungsprobleme und die Vollwertkost kann ihrerseits ein Auslöser für Allergien sein oder ist nicht für alle Allergiker geeignet.

Der akute Asthmaanfall kann sehr dramatisch verlaufen. Die Maximalvariante, der sog. Status asthmaticus stellt eine unmittelbar vitale Bedrohung dar. Es wird folgendes Vorgehen empfohlen:

Sauerstoff 40−60 % über Maske
Bronchodilatation: kurzwirksame Beta-2-Agonisten (z. B. Salbutamol) inhalativ, bei Bedarf auch subkutan oder intravenös. Zusätzlich kann Ipratropiumbromid (Anticholinergikum) inhalativ gegeben werden.
Entzündungshemmung: Kortikosteroide intravenös
bei ungenügendem Ansprechen auf obige Medikamente sollten zusätzlich Xanthine gegeben werden, z. B. Theophyllin (Bronchoparat) oder Ketanest

Neue Forschungserkenntnisse :

Hinsichtlich der Voraussetzungen für die Entstehung von Asthma hielt man bislang die T-Helfer-2-Lymphozyten (TH2-Zellen) des Immunsystems für entscheidend. Diese produzieren Entzündungsfaktoren, welche die oberen Luftwege überempfindlich machen können. Ein Forscherteam vom Children's Hospital in Boston stellte aber fest,dass sich in den Lungen von Asthmapatienten eine große Zahl einer erst kürzlich entdeckten Art von Immunzellen befinden, welche bei gesunden Menschen dort nicht feststellbar waren. Dabei handelte es sich um die sogenannten natürlichen Killer T-Zellen. Da die Forscher in den Lungen von asthmakranken Menschen einerseits zwar zu etwa einem Drittel TH2-Zellen, andererseits aber auch zu zwei Dritteln die natürlichen Killer T-Zellen fanden, schließen sie, dass die letzteren Immunzellen wichtiger für die Entstehung von Asthma sind als die TH2-Zellen.

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